Auszug aus Raumbuch in Faccani 2009 Krummgasse 16 / Platz 1, 30-32:
"V Zusammenfassung / Würdigung
1 Bedeutung des Gebäudes
Zum Gebäudekörper von Guardianhaus und Schwarzem Stier gehörte ursprünglich das 1958 beseitigte Haus Krummgasse 12 an. Sie bildeten den Nordtrakt des mittelalterlichen Barfüsser-Klosters, das heute weitgehend verschwunden ist. Guardianhaus und Schwarzer Stier bilden also den einzigen fast integral erhaltenen Gebäudeteil des ehemaligen Klosters und sind damit bauliche Zeugen des Bettelmönchtums, welches gerade die Städte im Mittelalter wesentlich mitprägte.
Die Bauzeit von Guardianhaus und Schwarzem Stier geht sicher ins 14., vermutlich aber noch ins 13. Jahrhundert zurück. Sie erhalten damit kunst- und architekturhistorischen Wert, der nicht zu unterschätzen ist. Das heutige Erscheinungsbild, das eher dem Charakter eines schlecht unterhaltenen Nutzbaus nahe kommt, täuscht wohl über die zu vermutende ursprüngliche Funktion als Sitz des Klostervorstehers (Guardian) hinweg. Seit der Klosteraufhebung bilden Guardianhaus und Schwarzer Stier die Süd-Grenze des Platzes und sind deshalb – zusammen mit dem nordseitig angebauten Konventhaus – städtebaulich von grossem raumkonstituierendem Gewicht.
2 Gedanken über eine mögliche Umnutzung
Die Teile des spätgotischen Kreuzganges sind integral zu erhalten. Auch ist besondere Vorsicht geboten in den Erdgeschossräumen des Schwarzen Stiers, da sich hier repräsentative Räume und entsprechende Ausstattungselemente (z.B. Fenstersäule) erhalten haben resp. zu vermuten sind.
Dagegen ist das Erdgeschoss des Guardianhauses so stark umgeformt, dass sich hier die meisten Möglichkeiten für Eingriffe bieten. Die beiden überhohen Garagenräume könnten in zweigeschossige Räume umgestaltet werden.
3 Bemerkungen zu Archäologie, Bauforschung und DendrochronologieArchäologie und Bauforschung
Der Nordtrakt des ehemaligen Barfüsserkonventes stellt ein gutes Studienobjekt für mehrere offene Fragen zur Baugeschichte des Klosters dar. Da besonders das Erdgeschoss des Gebäudes derzeit nicht genutzt wird, aber auch Räume im Obergeschoss und der Dachstock brach liegen, könnten hier vor möglichen grossen Eingriffen im Gebiet des Stadthausareals archäologische Untersuchungen stattfinden. Ein solches Vorgehen wäre für die Archäologie als auch für die Bauherrschaft von Vorteil: Die Boden- und Bauforschung kann ohne Druck einer bereits eröffneten Baustelle erfolgen, und die anschliessenden Arbeiten würden vermutlich von den Archäologen nur noch begleitet werden.
Zur Bodenarchäologie: Die unterkellerten Teile der Liegenschaft Guardianhaus / Schwarzer Stier sind archäologisch vermutlich kaum von Interesse. Der Boden der Keller dürfte bereits in den gewachsenen Boden abgetieft worden sein. Dagegen müssen allfälligen Bodeneingriffen im Schwarzen Stier und besonders auch im südlich gelegenen Hof archäologische Untersuchungen vorangehen. Es ist nicht auszuschliessen, dass solche Untersuchungen ältere, vorklösterliche oder klosterzeitliche Gebäudereste und / oder ältere Binnenmauern zutage fördern.
Zur Bauarchäologie: Hier ist bereits nach dem ohne materielle Eingriffe abgeschlossenen Denkmalpflege-Inventar ein umfangreicher Fragenkatalog zusammengekommen. Im folgenden ist eine Auswahl an Fragen zusammengestellt.
- Erdgeschoss: Die Halle 1.11 und die Garagenräume 1.15 und 1.16 waren früher zweigeschossig. Wo liegen die Niveaus genau? Sind Binnenwände zu eruieren? Kann unterschieden werden zwischen klosterzeitlichen Böden und solchen der Zeit nach der Reformation?
- Erdgeschoss: Über die Garagenräume 1.15 und 1.16 wird im 19. berichtet, es seien dort noch spitzbogige Fenster zu sehen gewesen. Wenn der Verputz (innen und/oder aussen) erneuert werden muss, kann diesen Hinweisen nachgegangen werden. Die möglichen Resultate lassen wahrscheinlich genauere Schlüsse auf die Gebäudefunktion zu.
- Erdgeschoss: Der Korridor 1.09 ist einer der ganz wenigen Räume, dessen ‚Volumen’ wohl noch in die Klosterzeit zurückgeht. Vor Renovationsarbeiten ist dieser Raum detailliert zu dokumentieren, denn die Öffnungen und Nischen lassen vielleicht auch weitere Rückschlüsse auf die Funktion zu. – Die Inventarisierung des Ganges 1.10 muss noch nachgeholt werden
- Der Raum 1.08, dessen gassenseitiges Doppelfenster eine reich verzierte Mittelsäule aufweist, könnte innerhalb des Klosters ein besonderer Raum gewesen sein (‚Kapitel’saal?). Die Ausstattung könnte reich gewesen sein, was zumindest die verzierte Mittelsäule des Fensters erahnen lässt. Verbirgt sich die Ausstattung noch hinter den heute bestehenden Raumschalen? Gibt es Wandmalereien zu entdecken?
- Im Kreuzgang, d.h. an der Aussenseite, könnte man die Frage nach der Zweigeschossigkeit des Kreuzganges verfolgen, die man nach Möglichkeit auf die Hinterhausfassaden von Safrangasse 7 und Krummgasse 8/10 ausdehnen sollte.
- Schliesslich sei noch auf die Fenster hingewiesen, die im Obergeschoss in der Südmauer nachgewiesen sind. Es sollte versucht werden, Klarheit über Form- und Anzahl der Fenster (Ende 13. Jahrhundert?) zu erhalten. Vielleicht ist es möglich, auch noch Reste der zugehörigen Binneneinteilung zu finden.
Dendrochronologie
An folgenden Stellen könnten weitere Holzproben für eine dendrochronologische Altersbestimmung entnommen werden. Sie würden die bereits 1996 analysierte Serie ergänzen.[1] Nebst wünschbaren Serien zur klösterlichen Baugeschichte (Raum 1.09, Bodenbalken Dachgeschoss) wäre vor allem die jetzt bereits absehbare Phase IV (um 1597) baulich genauer zu definieren.
- Erdgeschoss, Raum 1.09: Deckenbalken. Die Balken sind wohl klosterzeitlich.
- Erdgeschoss, Halle 1.11 und Garage 1.15 bzw. 1.16: Ost-West verlaufende Unterzüge. Sie gehören vielleicht zur Bauphase IV (ausgehendes 16. Jahrhundert, Säulen der Druckerei).
- Erdgeschoss, Garage 1.16: Ost-Seite, untere vergitterte Fenster seitlich des Tores: Holzsturz ergibt vielleicht ein Dendrodatum des ausgehenden 16. Jahrhunderts (Bauphase IV? Säulen der Druckerei)
- Erstes Obergeschoss, Druckerei 2.31: Bodenbalken. Sie gehören vielleicht zur Bauphase IV (ausgehendes 16. Jahrhundert, Säulen der Druckerei).
- Erstes Obergeschoss, Treppenhaus 2.33: Ost-Seite Fenstersturz aus Holzbalken, vermutlich neuzeitlich (Phase IV, ausgehendes 16. Jahrhundert), denn es rechnet mit Niveau Raum 2.31.
- Dachgeschoss: Bodenbalken. Diese Balken, von denen bereits zwei datiert sind ev. noch weitere Balken des ausgehenden 13. Jahrhunderts).
- Dachgeschoss: liegende Konstruktion über Guardianhaus. Sie könnte auch Periode IV angehören (ausgehendes 16. Jahrhundert, zusammen mit Säulen in Druckerei 2.31)."
[1] Laboratoire Romand de Dendrochronologie, Moudon, Bericht Nr. LRD 96/R4175. Bericht im Archiv der Städtischen Denkmalpflege Schaffhausen.